UNSERE GESCHICHTE

castello de Bibiune, cum ecclesia, cum casis, viteis.

Zuerst müssen wir ein paar Worte über die Trauben sagen, ohne die Bibbiano nur eine toskanischen Ortsbezeichnung wäre.

Sangiovese-Trauben sind eine Legende, ein Gedicht der italienischen Weintradition.

Es sieht ein bisschen aus wie das hässliche Entlein des Andersen-Märchens: Selbst mit einer sehr antiken Geschichte hat es diese Traube erst in den letzten fünfzig Jahren geschafft ihr Potenzial voll auszuschöpfen und die Welt zu erobern, insbesondere die Herzen wahrer Kenner und Fans toskanischer Weine und der Ursprungsbezeichnung Chianti Classico.

Die Geschichte von Sangiovese geht im Zwielicht der Geschichte verloren. Der Anbau dieser Rebe hatte etruskischen Ursprung und wurde dann durch die Römer an die Bewohner der Toskana übergegeben. Der Name selbst scheint von Sanguis Jovis zu stammen und bedeutet Blut des Jupiter. Heute ist es schwer zu sagen, ob es wahr ist oder nicht, doch sie ist ohne Zweifel eine sehr alte und in der Toskana verwurzelte Rebsorte.

Der antike Ursprung ist kein Mangel, sondern ein Grund, stolz zu sein.

Die Chianti-Region ist das Herz der Toskana, das Herz Italiens; es erinnert an die ersten menschlichen Siedlungen, dann an die Etrusker und die alten Römer. Um den Besitz dieser Gebiete, die ein einzigartiges Natur- und Kulturgebiet dieser Art sind, kämpften Adelsfamilien und mächtige Staaten untereinander. Doch begannen sie hier Trauben anzubauen und Wein zu machen lange bevor die politischen Kämpfe in der Toskana begannen.

Es wird angenommen, dass der Name Chianti etruskischen Ursprungs ist, also nicht weniger als zweitausend Jahre alt, während der Ortsname Bibbiano spätrömische Wurzeln aufweist und aus dem Jahr 200 n. Chr. stammt und somit 1800 Jahre alt ist. Zur selben Zeit wurde die erste topografische Karte von Rom, der Hauptstadt des Römischen Reiches, erstellt, trotz des Beginns ihrer Krise.

Die erste verlässliche Erwähnung von Bibbiano stammt aus dem 11. Jahrhundert. Es ist ein Akt auf Pergament, datiert 1089, zur Bescheinigung, dass Donna Mingarda di Morando Giovanni di Benzo den „Curte” und das „Castello de Bibiune, cum ecclesia, cum casis, (…) viteis (…)” bzw. das Unternehmen und das Schloss Bibbiano mit der Kirche, den Bauernhöfen und den Weinbergen schenkte.

Historiker behaupten, dass die eigentliche Entwicklung der Weingüter im Chianti-Gebiet zwischen Florenz und Siena im 12. Jahrhundert begann. Das erste Dokument, in dem unser Unternehmen erwähnt wird und das in der Abtei von Passignano sorgfältig aufbewahrt wird, bestätigt jedoch deutlich, dass die Wurzeln der Tradition bis in die Antike zurückreichen.

Das Unternehmen Bibbiano ist nach wie vor eines der ältesten in der Chianti-Region und seine Eigentümer tragen eine wichtige ethische Verantwortung. Das macht uns nicht nur stolz auf die hundertjährige Geschichte, sondern auch auf die tiefen Wurzeln unseres Weins. In der Urpsrungsbezeichnung Chianti Classico (aber im Allgemeinen auch in der Toskana, in Italien und in ganz Europa) können nicht viele behaupten, dass genau hier, in diesem einzigartigen Gebiet, ohne Unterbrechung und ohne Änderung der Sorten fast zweitausendjahre lang Wein produziert wurde.

Die Mönche können das Unternehmen gut leiten, aber nur, wenn sie es als ihr eigenes Geschöpf und nicht als unmittelbare Einnahmequelle betrachten.

Das turbulente 16. Jahrhundert, das die europäische Welt erschütterte, hinterließ Spuren in der Unternehmensgeschichte. Im Jahr 1498 wurde Bibbiano in das republikanische Zehnte Kataster unter dem Besitz von Matteo di Piero von Francesco Squarcialupi aufgenommen. Es werden vier Landgüter erwähnt: „chon casa da lavoratore, chon terre lavorative, vignate, ulivate, boschate e sode”, das heisst Farmen, Land, Weinberge, Olivenhaine, Wälder und Wiesen. Die Squarcialupi, die wichtige Güter besaßen, waren sehr mächtig und ihre Besitztümer erstreckten sich vom Casentino bis zum Val d’Elsa.  Eine wohlhabende Familie der Spätrenaissance musste jedoch nicht nur an das Wachstum ihres Erbes denken, sondern auch an höhere Ziele: die Errettung ihrer Seelen. Aus diesem Grund müssen die Farmen von Bibbiano nach dem Willen des verstorbenen Matteo Squarcialupi im Jahr 1500 an das katholische und florentinische Krankenhaus Santa Maria Nuova übergegangen sein. Dank dieser großzügigen Geste konnte das Krankenhaus die institutionelle Versorgung der Kranken finanzieren, während der Spender, mit dieser frommen Tat, das Himmelreich anstreben konnte.

Das Krankenhaus hat das Eigentum von Bibbiano mit Dankbarkeit angenommen und es mehr als 250 Jahre lang sorgsam verwaltet, mit der Einhaltung der Weintraditionen des Unternehmens. Dies war auch Bibbianos Glück: Zu der Zeit der Kirche zu gehören, ermöglichte es sich aus politischen Unruhen heraushalten, und das Eindringen von gewalttätigem und manchmal blutigem Wettbewerb zwischen den beiden mächtigen Städten Florenz und Siena zu vermeiden. Wer weiß, wie sich die Methoden des Weinbaus verändert hätten und ob es dieselbe Firma geblieben wäre, wenn Matteo Squarcialupi sein Eigentum nicht an das Krankenhaus, sondern an seine direkten Erben übertragen hätte.

Eine sehr detaillierte Beschreibung von Bibbiano und seiner nahe gelegenen, kleinen Farm namens Bibbianuzzo finden wir in der Gütererhebung von Santa Maria Nuova aus dem Jahr 1564. Diese Erhebungen waren nichts anderes als das Eigentumsinventar des des Krankenhauses. Die Beschreibung enthält eine genaue Darstellung aller Landbesitze und ihrer Produktionen, von der Rebe bis zum Olivenbaum,vom Saatgut bis zu den Obstpflanzen und dem Vieh, einschließlich den Hühnern und Kaninchen.

Die Mönche waren wirklich gute Bauern. Das Cabreo, das heute im Staatsarchiv von Florenz aufbewahrt wird, enthält auch einen schematischen Plan der beiden Bauernhöfe. Eine ähnliche, aber aktuellere Beschreibung stammt aus dem Jahr 1607 und ist im Dokument Visita Generale dei Beni dell’Ospedale (dt: Generalbesuch der Krankenhausgüter) enthalten. Mit diesem Akt hat das Krankenhaus sein Vermögen neu inventarisiert und eine genaue Beschreibung der landwirtschaftlichen Praktiken, Produkte, Nutztiere, Anteilseigner und ihrer Familien festgehalten. In der Zwischenzeit war das Unternehmen stabil und solide und hielt die Qualität des mit den Sangiovese-Trauben hergestellten Weins stets hoch. Wie so oft, bringt Stabilität neue, von den aktullen Trends bestimmten Ideen, die odt Managern zu vorschnellen Schritten führen.

Die neue Zeit trifft ein und mit ihr der Kult des unmittelbaren Geldes, der die Traditionen überwiegt. Das Krankenhaus beschloss, neues auszuprobieren und einen Weg einzuschlagen, der mehr Gewinn hätte bringen sollen. Es ist nicht bekannt, wer aus dem Krankenhaus von Santa Maria Nuova und zu welchem Zeitpunkt beschloss, alles zu ändern, aber Tatsache ist, dass das Krankenhaus es nicht mehr rentabel fand, die Grundstücke direkt zu verwalten, vermietete sie und erhielt dafür die Zahlung einer Bodenrente. Diese Art von Vertrag trug den Namen „Alivellamento” und war in der großherzoglichen Toskana weit verbreitet. Es war eine echte Privatisierung, da der Mieter (in der Regel ein benachbarter Grundbesitzer) nach einer gewissen Zeit die Immobilie gegen Zahlung eines Restbetrags aufkaufen konnte, fast so, als wäre es ein Pachtvertrag gewesen.

So wurde der Wunsch, alles und sofort zu nehmen stark und Bibbiano wurde hauptsächlich als bloße Einnahmequelle angesehen.

Bibbiano wurde durch diese Verträge von 1767 bis 1780 übenommen, ein aus historischer Sicht nicht langer Zeitraum, doch die Folgen waren schwerwiegend: Die Erträge gingen zurück, das Krankenhaus musste die Güter verkaufen und Eigentümer begannen zu wecheseln . Von 1780 bis 1833 gehörten sie der Familie Landi, deren erster Iacobo war. Im Juli 1833 verkaufte sein Sohn Michele Landi das Eigentum von Bibbiano an Don Tommaso di Bartolomeo von den Fürsten von Corsini, der sich nicht mit der Entwicklung des Eigentums befassen wollte, weil er sich ganz der diplomatischen Karriere und den Staatsangelegenheiten widmete. Er nahm 1815 als offizieller Vertreter des Großherzogtums Toskana am berühmten Wiener Kongress teil und starb im Amt des Ministerpräsidenten des Großherzogs. Schließlich verkaufte im März 1865 ein anderer Don Tommaso Corsini, Neris Sohn, Bibbiano an die Brüder Marzi, Casimiro und Pietro, jeweils Anwalt einen Ingenieur, Vorfahren der heutigen Besitzer. Ab diesem Moment schien ein wenig Hoffnung für Bibbianos Weinbautradition aufzukommen, da die Brüder das Gut nicht nur als eine profitable Quelle, sondern als ein Familien- und Kulturerbe betrachteten.

Unsere Familie an der Spitze des Unternehmens. Eine Familie verantwortungsbewusster und leidenschaftlicher Besitzer in der Zeit der Weltkriege.

Die neue Ära in Bibbianos Leben begann mit Freude, begleitet von der leidenschaftlichen und wohlüberlegten Tätigkeit der neuen Eigentümer, die nach und nach, jedoch in weniger als 50 Jahren und vor dem Ende des Ersten Weltkriegs, die Farmen und das Unternehmen wieder auf die Beine stellten und expandierten. Im Jahr 1880 fügte Antonio Marzi, Sohn von Pietro, das Gut von Gagliano zusammen mit den Gütern von Gaglianuzzo und Padule zum Besitz von Bibbiano hinzu. Glücklicherweise berührten die Unruhen des Ersten Weltkriegs Bibbiano und die Familie Marzi nicht. In der Zwischenzeit wurden neue Reben gepflanzt, die Olivenhaine vergrößert und neue Baugefüge errichtet. Bibbiano-Wein wurde in ganz Italien verkauft und war auch in anderen europäischen Ländern erfolgreich. 1919 entschloss sich die Familie für den Bau des Herrenhauses. Antonio Marzi schrieb: „Das menschliche Glück besteht genau darin, Traditionen wiederherzustellen, sie mit Sorgfalt zu bewahren und an zukünftige Generationen weiterzugeben. Und kein anderes vorübergehendes Vergnügen ist damit vergleichbar.”

Leider führte der 1918 geschlossene Frieden, wie der französische Marschall Foch sagte, nicht zu einem Frieden, sondern zu einem zwanzigjährigen Waffenstillstand. Der neue Weltkrieg hat diesmal weder das Herz Italiens noch die Toskana oder die Chianti-Region verschont. Im Sommer 1944, während des Durchgangs der Kriegsfront, gab es in Bibbiano eine kleine Einheit deutscher Fallschirmjäger, deren Widerstand gegen den Vormarsch der französischen und neuseeländischen Truppen dem gesamten Unternehmen erheblichen Schaden zufügte. Durch ein Wunder und dank der Bemühungen der Bauern wurden die Bestände und Weinberge gerettet, auch wenn fast alle Gebäude getroffen und schwer beschädigt wurden, sowie andere wichtige Strukturen wie das Aquädukt. In nur einem Sommer erreichte das Unternehmen einen schlechteren Zustand als den im neunzehnten Jahrhundert, als die Brüder Casimiro und Petro Marzi es kauften. Es war jedoch möglich, das Herz, die Essenz von Bibbiano, zu retten: die Reben und das Land. Dies gab Pier Tommaso Marzi, Antonios Sohn und Erbe, Kraft: Die Nachkriegsschwierigkeiten und der Mangel an notwendigen Ressourcen entmutigten ihn nicht bei seinen Plänen, Bibbiano wiederaufzubauen und ihm ein neues Leben zu geben.

Das neue Leben und die Unterstützung des großen toskanischen Winzers Giulio Gambelli.

1948 trat das Unternehmen dem Consorzio del Vino Chianti Classico bei, das lokale Produzenten zusammenbringt. Zwischen 1950 und 1970 begannen Pier Tommaso Marzi und sein Schwiegersohn Alfredo Marrocchesi, Ingenieur, mit Hilfe von Giulio Gambelli eine tiefgreifende Umstrukturierung, die mit dem Bau eines großräumigen Weinkellers, dem Anbau von 20 Hektar an spezialisierten Weinreben, über 10 Hektar an Olivenhainen, sowie die vollständige Modernisierung der Ausrüstung endete. Pier Tommaso und Alfredo waren für die Leitung des Prozesses verantwortlich, aber nicht nur: Sie verbrachten viel Zeit mit den Handwerkern, um die Arbeit zu überprüfen, verbrachten die Nächte damit, die Baupläne zu zeichnen, und diskutierten gleichzeitig mit Giulio Gambelli über die neuen Anbauflächen, die Alterungsmethoden, des Stil und das Bouquet des Wein pflegten Beziehungen zur Universität von Florenz und tauschten Eindrücke und Erfahrungen mit Freunden aus, denen die anderen Weingüter im Chianti Classico-Gebiet gehörten. Im Grunde wurden in diesen zwanzig Jahren die soliden Grundlagen für Bibbianos gegenwärtigen Wohlstand gelegt.

Das Unternehmen wird derzeit von der fünften Generation der Familie geführt. Tommaso und Federico verfügen über eine hervorragende Berufsausbildung und Erfahrung im internationalen Management und versuchen, das Gleichgewicht zwischen Modernität und jahrtausendealter Weinbautradition zu respektieren, ohne die Authentizität des Bibbiano-Weins und die Herstellungsmethoden zu beeinträchtigen. Wenn Sie das Unternehmen im Herbst nach der Ernte besuchen, können Sie sie antreffen, während Sie die Wartungsarbeiten an den Weinbergen überwachen.

Giulio Gambelli

Ein Denkmal der italienischen Weinherstellung, das nicht nur als wahrer Profi, sondern vor allem auch als wichtiger Zeuge der Weinherstellung des 20. Jahrhunderts gilt – und in Erinnerung bleiben wird -, dessen historisches Zeugnis die Weine und der Stil seiner sechsundsechzig Jahrgängen sind.
Weine, die aus Leidenschaft und Professionalität enstehen: Dies sind die beiden Schlüsselwörter, die Giulio Gambellis Beziehung zum Chianti Classico geprägt haben. Eine Leidenschaft, die sich in seinen Jungenjahren entwickelte, und eine Professionalität, die sich im Laufe der Jahre entfaltete, um elegante und nüchterne Weine zum Leben zu erwecken; Weine, die ein natürlicher Ausdruck unseres Territoriums sind und daher zutiefst toskanisch, genau wie ihr Schöpfer. Mit vierzehn Jahren besuchte der junge Giulio Gambelli das Enopolio von Poggibonsi, die Stadt, in der er geboren wurde und wo er unter der Leitung des Direktors dieses Instituts, Tancredi Biondi Santi, seinen Gaumen für Wein entwickeln konnte.
Giulio Gambelli nutzt seine feinen Sinne, um den Charakter des Weins, seine Qualität und seine Entwicklung zu verstehen. Bald verstehen die toskanischen Winzer das Potenzial des jungen Verkosters und erbitten seine Zusammenarbeit. Zunächst Pier Tommaso Marzi, der ihn im November 1942 mit Bibbiano bekannt machte. Gemeinsam haben sie sich an die Erneuerung der Weinberge und des Kellers in den frühen 1950er Jahren herangewagt und gemeinsam standen sie vor der ersten Abfüllung – mit eigenem Etikett – des Jahrgangs 1969, unter der Schirmherrschaft von Alfredo Marrocchesi, Vater der jetzigen Besitzer.
Und dann viele andere wichtige Kooperationen mit berühmten Weingütern, viele Auszeichnungen von Institutionen und der Presse der Branche, Ernte für Ernte, bis ihm dank seiner Verdienste – an eine Person, die keinen akademischen Titel als Önologe besitzt – die Welt des Weins den Titel „Vorkoster-Meister” zugestand.
Kürzlich widmete ihm der Veronelli-Herausgeber eine sorgfältige und sensible Biografie, die von seinem Journalistenfreund Carlo Macchi verfasst wurde, gefolgt von einer zweiten Ausgabe des Herausgebers Giunti Slow Food.
Giulio Gambelli, der letzte Schmetterling der Sangiovese, verstarb am 3. Januar 2012 in seiner Heimatstadt Poggibonsi.

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